Aschaffenburg

Ganz im Westen.

Die Diskussion entspann sich schon einige Male aufs Neue: „Gehört zu Franken.“ „Gehört nicht zu Franken!“ „Nein, das ist doch schon Hessen!“ Nein, es ist noch Franken, obwohl Aschaffenburg ‚gefühlt‘ schon in Hessen liegt, also ziemlich weit weg vom Ausgangspunkt unseres Kunstprojekts: Fürth ca. 180 Kilometer. Jedoch noch weiter weg von der Plassenburg in Kulmbach, dem alljährlichen Ausstellungsort vom Bund fränkischer Künstler, nämlich fast 230 Kilometer.

Wer in Aschaffenburg lebt, könnte also dennoch Mitglied im Bund fränkischer Künstler werden? Eine eher hypothetische Überlegung, denn, wie sich später herausstellt, gibt es in ‚Aschebersch’, wie man hier sagt, einen sehr aktiven Kunstverein.
Der NKV oder ausgeschrieben: KunstLANDing Neuer Kunstverein Aschaffenburg e.V. mit ca. 450 Mitgliedern. Gezeigt werden dort, im inzwischen umgenutzten Gebäude einer Brauerei, laufend wechselndeAusstellungen. Außerdem nimmt der NKV an den Kulturtagen und der Museumsnacht teil, die seit dem Jahr 2000 alljährlich hier stattfinden.

Kommunikation? Meinungsaustausch!

Das Motto der diesjährigen Kulturtage empfängt mich gleich am Bahnhof. „Perfekt“ denke ich „Kommunikation, das passt doch richtig gut zu unserem Projekt Souvenir oder die Fäden der Erinnerung!“ Hier werde ich Menschen antreffen, mit denen ich über meine Arbeit sprechen kann. Die ich fragen kann, welche Erinnerungen sie an, oder welche Gedanken sie mit Kunst verbinden. Menschen, die sich für meine künstlerische Arbeit interessieren und die wissen möchten, wieso ich hier sitze, mit meinem Gebilde aus schwarzem Papierdraht und rotem PET-Garn. Tschakka, schon bin ich richtig drin im Meinungsaustausch …

Jein! Einerseits bin ich tatsächlich mittendrin im Meinungsaustausch. Allerdings lediglich in einem Brunnen am Stadtgraben, der diesen besonderen Namen trägt. Hier liegen sich zwei riesige Köpfe frontal gegenüber, ein großer Wasserspeier und der Rückwärtsspucker. Die beiden Köpfe bespucken sich abwechselnd. Dann, plötzlich Ruhe. Mein rotes Knäuel passt in den Mund des Einen und bleibt trocken. Aha, die Köpfe schweigen! Da schießen plötzlich aus Bodenfontänen drei Wassersäulen empor. 

Leider schweigen auch die Menschen, die um mich herum auf den Bänken in der Mittagshitze dösen oder schnell an mir vorüber huschen. Will man nicht mit der Frau mit den roten Stiefeln sprechen?

Von der Pfostengalerie zum Zeitwagen

Ich schlendere durch die mittägliche Stadt. In Gedanken noch bei den steinernen Köpfen und Überlegungen zur Kommunikation, stehe ich plötzlich wie angewurzelt vor einem Pfosten. Da vorne, noch einer und dort drüben …? Was für eine coole Idee! In einer nichtssagenden Gasse eine Bildergalerie an Pfosten, die sonst Straßenschilder tragen. Kunst nah an den Menschen, das gefällt mir. 

Zuversichtlich, hier doch noch das eine oder andere Gespräch führen zu können, bleibe ich an einer Wasser-Skulptur stehen, dem „Zeitwagen“, der den „Fluss der Zeit“ symbolisieren soll.

Die Zeit scheint hier schnell zu fließen. Gerade wird noch unter Schatten spendenden Bäumen Mittagspause gemacht. Bei der Frage, ob wir sie für unser Projekt filmen dürfen, bekommen die Menschen es mit der Eile zu tun. „Pause zu Ende …!“ Nein, auf unsere Homepage möchten sie lieber nicht.

Der rote Faden ist weg

Leider hatte es noch einer eilig, nämlich unser roter Faden, den wir in Kulmbach vorgestern im Main ausgesetzt hatten. Unterhalb vom Schloß Johannesburg, drunten, am inzwischen ziemlich breit gewordenen Fluß ist kein Stückchen mehr vom roten Garn zu sehen. Wir vermissen ihn.

>> miss you<< passt gut zu unserem momentanen Gefühl. Es ist der Titel der aktuellen Kunstpreis – Ausstellung in der Kunsthalle Jesuitenkirche. Ob wir heute aus dem westlichsten Eck Frankens doch noch ein Souvenir mitbringen werden? An den Bierbänken einer traditionellen Schänke wird zumindest frei weg „gebabbelet“ mit der Frau mit den roten Stiefeln. Hessisch? Fränkisch? Ein charmant- fröhlicher Mix aus beidem und das Beste: Fotografieren dürfen wir auch.