Acht Stunden Schlaf …

… oder: Wie man sich bettet

DANKESCHÖN, lieber Herr Hans-Peter Weigel,
für Ihren Besuch der Ausstellung sowie Ihren Kommentar zu meiner Arbeit ‚Acht Stunden Schlaf‘, über den ich mich sehr gefreut habe:

“ … gestern bin ich durchs Kunstpalais gewandelt und habe mich sehr angeregt über Ihre Arbeit amüsiert! Trotz der angebotenen Kopfkissen Kunst, die kein Schlafmittel ist!
Herzliche Grüße Ihr HPW.“

Yeah!

Die Kopfkissen haben es in die Headline geschafft. Zumindest in der Printausgabe der Lokalzeitung. Das freut die Künstlerin! Aber wie sollte das auch anders sein? Denn wo sollten KOPFkissen sich auch wiederfinden, wenn nicht in der HEADline?

Auf alle Fälle dankt das Atelier PAS für die freundliche Erwähnung, die hier nachzulesen ist: Der Herbstsalon im Kunstpalais Erlangen

Im HERBSTSALON 2021, Jahresausstellung des Kunstvereins Erlangen ist meine Arbeit „Acht Stunden Schlaf“ zu sehen: Acht Fotos von Kissenbezügen mit Texten, die fast alle nur bruchstückhaft lesbar sind. Außerdem der Stapel aus 56 Kissenbezügen:

Die Müdigkeit ist wohlig. Der Kopf liegt auf dem kühlen Kopfkissen, die Decke bauscht sich und in wenigen Minuten übernimmt der Schlaf das ruhige, erholsame, entspannende Regiment. Wie wohltuend –

Doch Cut, Stopp, Break! Was tut sich jetzt auf dem Kopfkissen? Was ist das für ein Gesumme, Singsang, Gebrabbel? Das ist auf dem Kissen? Das ist im Kopf! Im Kopf! Buchstaben übernehmen die Macht. Sie schleichen sich an, verhaken sich ineinander, werden zu Worten und Gedanken. Himmel, wer will denn jetzt denken? Hier? Auf dem Kissen? Schon wachsen Sätze! Vorwurfsvolle, fragende, erinnernde, peinigende Sätze.

Sie werden zu Bildern, in denen Nichtgewolltes auf den Plan gerufen wird. Sie hämmern auf das malträtierte Hirn ein, mahnen Unerledigtes an, erhitzen das Gemüt. Das Kopfkissen ist längst nicht mehr kühl, es wird gewendet. Doch nichts hilft. Während Buchstaben zu Bildern anwachsen, wird es hitzig auf dem Kissen. Unerwünschte Gedanken verstören den Geist, verbünden sich mit ebensolchen Bildern und machen den glatten Stoff des Kissens zur Arena kaum zu ertragender Fantasien. Der Kopf wälzt, die Buchstaben verhaken, die Bilder wildern.

Acht Bilder, acht Stunden erzählen die Geschichten ungeträumter Träume, die Wahrheiten des Gewissens und die Vorwürfe der Vergangenheit. Während die Worte ewig gestrig und doch mit der langen Halbwertzeit eines ordentlichen Sprichwortes oder Glaubenssatzes zukunftsfähig auf die Kissenbilder einhämmern, entwickelt ein Stapel Kissenbezüge seine eigene Dynamik. In ihm ruhen unzählige Schäfchen und jammernde Kopfgeburten brav gefaltet. Bis die Schlaflosigkeit den Albtraum in die Nacht entlässt, der sorgsam befriedete Stapel zum anarchistischen Störenfried wird und – umkippt?